Solidarität mit dem Streik bei Voith in Sonthofen! Die Hütte gehört in Arbeiterhand!
Seit dem 23. April streiken die 500 Arbeiter und Angestellten beim Maschinenbauer Voith in der südlichsten deutschen Stadt Sonthofen (Allgäu). Sie wehren sich gegen die drohende Schließung eines modernen Betriebs mit einer 500jährigen Tradition. Fast alle sind in der IG Metall organisiert, die den Streik formal und legal mit der Forderung nach einem Sozialtarifvertrag ausgerufen hat. Der Kampf könnte lange dauern.
Die selbstbewussten Beschäftigten zeigen derzeit aller Welt, dass ein knallharter Streik unter Einbeziehung von Mundschutz und Mindestabstand auch in Corona-Zeiten möglich ist. Es ist derzeit weit und breit der einzige unbefristete Streik. Doch das tut der Kampfbereitschaft keinen Abbruch.
Hier wurden bisher vor allem große Spezialgetriebe etwa für Ölplattformen, Turbinen und Kraftwerke in aller Welt hergestellt. Der Betrieb gehörte über lange Jahre zur Bayerischen Berg-, Hütten- und Salzwerke AG (BHS), also zu einem Konzern, der sich ursprünglich zu 100 Prozent im Besitz des Freistaats Bayern befand und erst in den 1990er Jahren privatisiert wurde. 2007 wurde der Sonthofener Betrieb an den Voith-Konzern verkauft und dort der Turbo-Sparte zugeschlagen. Nun will Voith alle Lichter in Sonthofen ausknipsen.
Dass der Betrieb nach Angaben der Konzernzentrale in Heidenheim (Baden-Württemberg) nicht profitabel sein soll und deshalb geschlossen werden müsse, akzeptieren Belegschaft und IG Metall nicht. Ein von der IG Metall bestelltes Gegenkonzept bestätigt, dass der Betrieb ohne Verluste weitergeführt werden kann. Bedroht ist auch der Schwesterbetrieb Voith Turbo in Zschopau (Sachsen), in dem rund 85 Beschäftigte Luftkompressoren für Nutzfahrzeuge herstellen. Der Konzern ist noch voll im Besitz der Familie Voith, die mit einem Milliardenvermögen zu den reichsten Deutschen zählt. Die Familienangehörigen sind klassische „Couponschneider“, die von den Dividenden leben und dem Management im operativen Geschäft freie Hand lassen.
Schon nach wenigen Tagen erfuhren die Streikenden, dass sich das Management bei seiner Kahlschlagspolitik auf den bürgerlichen Staat stützt. Die Konzernzentrale hatte eine Spedition mit dem Abtransport vorproduzierter Teile beauftragt. Um dies zu verhindern, parkten Streikende das Tor zum Werksgelände umgehend mit Dutzenden Autos zu. Das Unternehmen erwirkte beim Arbeitsgericht Kempten umgehend eine einstweilige Verfügung, mit der alle weiteren Blockaden untersagt wurden. Die Konzernchefs in Heidenheim sind offenbar entschlossen, die Stilllegung mit allen Mitteln durchzudrücken.
Der Kampf gegen die Stilllegung erfordert weitergehende Perspektiven. Mit Voith hat der Betrieb offensichtlich keine Zukunft. Hohe Abfindungen für den Arbeitsplatzverlust wären vielleicht für einzelne Beschäftigte individuell verträglich. Für andere und für die Allgemeinheit wäre dies jedoch keineswegs „sozial verträglich“. Es wäre ein Verbrechen, auf der Jagd nach noch mehr Profit die Anlagen zu demontieren und eine so hochmotivierte und kompetente Belegschaft auseinanderzujagen. Sie muss weiterhin die Gelegenheit haben, ihre Kreativität und ihr Wissen einzubringen, um nützliche, gesellschaftlich sinnvolle und ökologisch verträgliche Produkte herzustellen.
Lasst die Hüttler ran! Sie können es besser! Ein Betrieb unter Kontrolle der Beschäftigten ohne Bevormundung durch renditehungrige Manager wäre gerade in der heutigen Krisenzeit ein Vorbild für viele andere.
Die IG Metall schrieb sich bisher eine ökologisch und sozial verträgliche Transformation auf die Fahnen. In §2 der IG Metall-Satzung ist als Ziel der Gewerkschaft festgehalten: „Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum“. Die Sonthofener Hütte wird dabei gebraucht und darf nicht sterben. Die Zeit ist reif.
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