Was soll ich tun? Wie soll ich leben? Das sind Grundfragen der Ethik. Im alten Griechenland lautete die Antwort üblicherweise: „Du sollst die Eudaimonia anstreben!“
Aber was ist Eudaimonia eigentlich? Diese Frage stellt sich auch Aristoteles. Wörtlich übersetzt bedeutet „Eudaimonia“ guter Geist. Im religiösen Kontext kannst du dir einen Geist vorstellen, der von Gott gesandt ist und dich beseelen kann. Und wenn dieser gute Geist durch dich wirkt, dann handelst du automatisch richtig und Gott sorgt für ein gelungenes und glückliches Leben.
Aristoteles jedoch möchte konkreter untersuchen, was mit Eudaimonia gemeint ist. Dabei stößt er auf drei Aspekte der Eudämonie: Glückseligkeit, ein guter Charakter und ein gelungenes Leben. Diese drei zusammen machen Eudaimonia aus.
Zum Begriff der Glückseligkeit gelangt Aristoteles durch folgende Überlegung, die ich hier Telos-Argument nennen möchte: In der Ethik geht es immer um das Handeln. Und jede Handlung hat ein Telos, was auf Deutsch Ziel bedeutet. Die Handlung ist durch das Telos bestimmt. Deshalb meint Aristoteles, dass die moralisch beste Handlung auch das höchste Ziel verfolgen muss.
Du gehst zum Beispiel in die Schule, damit du etwas lernst. Das Telos dieser Handlung ist Lernen. Und warum willst du etwas lernen? Weil du später einen guten Beruf haben möchtest. Das Lernen ist also nur ein Zwischenziel. Vielleicht lernst du auch einfach gerne um des Lernens willen, und das hoffe ich natürlich, aber zumindest zum Teil hat das Lernen auch noch ein weiteres Ziel, nämlich eine gute berufliche Position. Und warum willst du einen guten Beruf? Damit du genug Geld verdienst. Um warum willst du Geld verdienen? Damit du Dinge kaufen und Bedürfnisse befriedigen kannst. Und warum willst du das? Damit du glücklich bist. Das ist das Endziel. Letztlich wollen wir alle glücklich sein. Das meint zumindest Aristoteles.
Ein anderer geht zum Beispiel zum Militär, weil er tatsächlich gerne kämpfen möchte. Und warum will er in den Kampf ziehen? Weil er Ehre anstrebt. Und warum will er Ehre? Weil auch er sich davon ein Stück Glückseligkeit erhofft.
Glückseligkeit scheint also das höchste Ziel zu sein. Glückseligkeit wird immer um seiner selbst willen und nie um eines anderen willen angestrebt. Die Ziele des menschlichen Handelns sind also hierarchisch geordnet. Eine Handlung kann verschiedene Zwischenziele verfolgen, aber an der Spitze der Pyramide steht Glückseligkeit als Endziel. Und wenn der Mensch von Natur aus Glückseligkeit als höchstes Ziel hat, dann ist es auch richtig, die Glückseligkeit anzustreben.
Allerdings ist mit Glückseligkeit nicht pure Sinneslust wie im Hedonismus gemeint. Das Endziel ist nicht, sich mit Heroin vollzupumpen. Glückseligkeit meint einen stabilen und geistig klaren Zustand von Selbstgenügsamkeit, Zufriedenheit und Wohlgefühl, wie ihn insbesondere ein Philosoph erreichen kann.
Richtig Handeln bedeutet also automatisch eine Annäherung an Glückseligkeit. Um beständig richtig zu handeln, brauchst du einen guten Charakter. Das ist der zweite Aspekt der Eudaimonia. Aber was genau ist ein guter Charakter?
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