Die Zucht von Bienen fand hierzulande in vorchristlicher Zeit in hohlen oder für Bienen ausgehöhlten Bäumen statt und später auch in geflochtenen Strohkörben, die den wilden Schwärmen ein Zuhause anboten. Sowohl für den geschätzten Met wie auch für Wachslichter war die Bienenzucht wichtig. Für die Klöster und Kirchen wurde der Wachsbedarf dann auch kultisch von hoher Bedeutung. Deshalb kümmerten sich Nonnen und Mönche sehr um die Bienenzucht. Ca. aus dem 10.Jh. stammt der uns erhaltene "Lorscher Bienensegen". Um ausschwärmende Bienen (wieder) an den gewünschten Sitz zu holen, benutzte man Magie, Segensworte, Musik. Sie sollten nicht etwa in den Wald fliegen und sich dort in einem alten Baum ein neues Zuhause suchen. Der althochdeutsche Spruch steht zwischen germanischer Magie und christlichem Segensspruch. Wie man am Trierer Pferdesegen gut erkennen kann, haben diese Segenssprüche heidnische Vorbilder (in diesem Fall den 2. Merseburger Zauberspruch). Hier ist der Versuch gemacht, den Lorscher Bienensegen aus seinem christlichen Kleid zu lösen und zu hören, wie er vielleicht vorher geklungen haben könnte.
Die Bienen wären in der germanischen Frömmigkeit der Frühlingsgöttin FRIJA zuzuordnen, deren Beiname auch Hulla war, die Huldvolle, besser bekannt unter dem Namen "Frau Holle". An ihre Stelle trat später Maria, an die Stelle des Göttervaters WODAN der jüdisch-christliche Vatergott.
Der bearbeitete Text in althochdeutscher Sprache:
Frija, imbi ist hucze! nu fluic du, vihu minaz, hera
fridu frono in Frijas munt, heim zi comonne gisunt
sizi, sizi, bina, inbot dir here Hulla
hurolob ni habe du, zi holce ni fluc du,
noh du mir nindrinnes, noh du mir nintuuinnest
sizi uilu stillo, vuirki Wodans uuillon.
In poetischem Neuhochdeutsch klänge das ungefähr so:
FRIJA, das Bienenvolk schwärmt sehr! Fliegt nun, meine Tierchen, hierher
im göttlichen Frieden, im Schutze sein und kommt gesund doch wieder heim!
Sitze, sitze, Imme, gebietet dir Hullas Stimme
Weggehen darfst du nicht, zum Walde fliege nicht
Du sollst mir nicht entfliehen, sollst dich mir nicht entziehen
Sitze ganz still, wirke WODANS Will‘
Der Originaltext lautet:
Kirst, imbi ist hûcze
Nû fliuc dû, vihu mînaz, hera
Fridu frôno in munt godes
gisunt heim zi comonne
Sizi, sizi, bîna
Inbôt dir sancte Maria
Hurolob ni habe dû
Zi holce ni flûc dû
Noh dû mir nindrinnês
Noh dû mir nintuuinnêst
Sizi vilu stillo
Uuirki godes uuillon
S. dazu [ Ссылка ]
Text und Musik: Jürgen Wagner
Bilder: aus mittelalterlichen Handschriften
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