Prof. Dr. Bernhard Malkmus und Prof. Dr. Marco Heurich hielten am 15. September 2022 Vorträge zur Ökologie und zur Kulturgeschichte des Luchses im Haus zur Wildnis bei Ludwigsthal. Hier gibt's die Aufzeichnung des Auftakts der diesjährigen wissenschaftlichen Vortragsreihe des Nationalaparks zum On-Demand-Abruf.
Der Luchs zieht es vor, im Verborgenen zu bleiben, im Dickicht der Natur, in den Tiefen kulturgeschichtlicher Archive. In Erscheinung aber tritt der Luchs immer dann, wenn sich die europäische Zivilisation grundsätzlich wandelt, in den Revolutionen der Renaissance, des wissenschaftlichen Weltbildes und der industriellen Moderne. In seinem Portrait des Luchses als scharfsichtigem Beobachter solcher Umbrüche zeichnet Bernhard Malkmus anhand von Dokumenten aus Wissenschaft, Kunst und Literatur eine faszinierende alternative Geschichte unserer Kultur nach. Auch die heute in unsere Wälder zurückgekehrten Pinselohren werden zu Zeugen eines epochalen Umbruchs: Es geht um nicht mehr und nicht weniger als das Ringen des Menschen um die von ihm selbst gefährdete Biosphäre. Nur wenn die menschliche Kultur die Fähigkeit zum Zusammenleben mit anderen Kreaturen wie dem Luchs entwickelt, kann sie ihre eigenen Lebensgrundlagen bewahren.
Im zweiten Vortrag stellt Marco Heurich am Beispiel der Luchspopulation im Böhmerwald-Ökosystem die neuesten Forschungsergebnisse zu Gefährdungsursachen und aktuellen Erfolge im Luchsschutz vor. Durch gezielte Wideransiedlungen haben sich die europäischen Luchspopulationen seit ihrem Populationstief in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts wieder ausgebreitet. Trotz dieser Erfolge sind diese Populationen weiterhin hochgradig durch Lebensraumverlust, Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrswege und illegale Nachstellungen gefährdet. Den Vorträgen folgt eine gemeinsame Diskussion mit dem Publikum des Events.
Bernhard Malkmus lehrt Germanistik an der nordenglischen Newcastle University. Seine Forschungsschwerpunkte sind Theorien der Moderne, Naturästhetik und Umweltethik. Zum 50-jährigen Bestehen des Nationalparks Bayerischer Wald organisierte er die Fachtagung „Eine Nationalparkphilosophie für das 21. Jahrhundert“ mit. Sein kulturgeschichtliches Buch „Luchse. Ein Portrait“ erscheint im Oktober 2022 in der Reihe „Naturkunden“ beim Verlag Matthes & Seitz.
Marco Heurich spezialisierte sich in seiner Forschungstätigkeit auf wildbiologische und waldökologische Themen. In seiner Habilitation entwickelte er Schutzstrategien für Luchse in Mitteleuropa. Er ist Sachgebietsleiter für Besucherlenkung und Nationalparkmonitoring im Nationalpark Bayerischer Wald. Gleichzeitig ist er Professor für Wildtierökologie und Naturschutzbiologie an der Universität Freiburg und Professor an der Inland Norway University of Applied Sciences.
Vorschaubild: Christoph Moning
![](https://i.ytimg.com/vi/L3z3fpbhJhA/maxresdefault.jpg)