Hinter der globalen Sammelwut der Geheimdienste steckt ein Krieg um den Erhalt und die Vorherrschaft unterschiedlicher politischer und gesellschaftlicher Systeme. Im Zentrum steht dabei vor allem die Wirtschaftsspionage - ausgeschaltete Terroristen und Kriminelle sind nur "Beifang". (1/3) [ Ссылка ] (2/3) [ Ссылка ] (3/3) [ Ссылка ] - Netzpolitik.org Hinweis: [ Ссылка ] - Die Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden haben rund um den Globus eine Welle der Empörung ausgelöst. Dabei geht es den meisten Kritikern vor allem um den Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen. Natürlich können die gesammelten Daten auch zu Manipulation, Einschüchterung und Erpressung einzelner Menschen missbraucht werden. Aber der eigentliche Grund für die Sammelwut ist ein anderer: Ein globaler Krieg. Wir stecken mitten drin in einem Kampf um den Erhalt und die Vorherrschaft unterschiedlicher politischer und gesellschaftlicher Systeme. In diesem Krieg gilt mehr als je zuvor: Wissen ist Macht. Es ist eine wilde und meist geheime Jagd auf Billionen politischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und militärischer Informationen, aus denen mithilfe perfektionierter Analysesoftware zukünftige Entwicklungen erkannt aber auch konkrete Handlungsoptionen für politisches und strategisches Handeln entwickelt werden. Im Zentrum steht dabei vor allem die Wirtschaftsspionage. Der Anti-Terror-Kampf und die Bekämpfung des organisierten Verbrechens sind da eher Nebenkriegsschauplätze, ausgeschaltete Terroristen und Kriminelle nur "Beifang". Mit dem gesammelten Wissen lassen sich die Waffen für diese globale Auseinandersetzung zielgerecht auswählen und steuern, von politischer Erpressung bei bilateralen und multilateralen Verhandlungen über Sabotage und das Ausbooten anderer Wettbewerber im Wirtschaftsmarkt bis zu gezielten Angriffen -- mit Computerviren auf militärische und staatliche Einrichtungen sowie die kritische Infrastruktur eines Landes. "Man kann mit solchen Daten die Verwundbarkeiten in den Systemen finden. Und damit dann im Kriegsfall die kritische Infrastruktur und die industrielle Basis eines Gegners angreifen", so sagt es uns Michael Chertoff, der ehemalige Heimatschutzminister der USA.
Empörung westlicher Politiker ist meist Heuchelei
China gilt dabei als Hauptgegner. Aber das Reich der Mitte sieht sich in diesem weltweiten Kampf um die Daten als Opfer. Wang Xiaodong, einer der Vordenker der chinesischen Cyberwar-Strategie bringt es auf den Punkt: "Das Land, das den Cyberkrieg verliert, würde vollständig erobert. Es gäbe keine vertraulichen Informationen mehr, keine Militär-, Finanz-, oder Wirtschaftsgeheimisse. Der Sieger weiß alles, was du vorhast. Wir werden nicht zulassen, dass es nur noch eine dominierende Nation in der Welt gibt, die der Menschheit ihre Regeln aufzwingt und außer Kontrolle gerät."
Dieser Krieg befeuert eine neue Cyber-Rüstungsindustrie, die teure Computerprogramme zum Schutz vor Angriffen und gleichzeitig auch für eigene Angriffe entwickelt. Alle bisherigen Schutzmechanismen -- Datenschutzrichtlinien, internationale Konventionen oder gegenseitige Freundschaftsschwüre - sind meist wirkungslos. Die Empörung westlicher Politiker über die Ausspähmaschinerie ist in den meisten Fällen Heuchelei.
Die Geheimdienste rüsten auf
Die Geheimdienste rüsten auch personell auf. Sie brauchen Hacker, IT-Spezialisten, die in alle Computersysteme der Welt eindringen können. Diese Cyber-Soldaten arbeiten direkt für die Behörden oder für private Sicherheitsunternehmen. Eines von ihnen ist Endgame. Die Firma arbeitet an einer Software, mit der man in jedes, wirklich jedes Gerät eindringen kann, das mit dem Internet verbunden ist. Jede Veränderung soll registriert, jede Manipulation möglich werden. Finanziert wird das von den US-Geheimdiensten. Der Chef von Endgame ist ein ehemaliger Direktor der NSA. Immerhin, und das ist die Ironie, ist es ausgerechnet einer der vermeintlichen Cyber-Soldaten, der Whistleblower Edward Snowden, der jetzt die wachsende Überwachungsmaschinerie enthüllt. Es geht dabei um nichts weniger als die Frage, welches politische System in diesem Jahrhundert die Oberhand behält. Weil sie sich gegenseitig misstrauen, werden China, Russland und Amerika ihre Cyber-Aktivitäten nicht zurückfahren. Letztlich muss der Westen einen Weg finden, wie er sein Wertesystem schützt, ohne auf Methoden zurückzugreifen, die diese Werte selbst in Frage stellen.
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