Im mächtigen Turm der Pfarrkirche St. Laurentius erklingt seit dem 31.10.2018 neben den bisherigen 6 Glocken auch die neue Familienglocke Christus-Salvator, gegossen im Januar 2018 in der Glockengießerei Eijsbouts, Asten (NL), sie wurde am 11.08.2018 durch den Paderborner Weihbischof Manfred Grothe geweiht, erklingt im Ton g° -4,5 und wiegt 7.960 kg bei 2252 mm Durchmesser. Damit ist sie, nach der neuen e°-Glocke des Paderborner Domes, nunmehr die zweitschwerste Kirchenglocke Westfalens. Wie die Paderborner Glocke wurde sie in einer der schweren Rippe der Briloner Gießerei Junker nachempfundenen Form gegossen und besitzt einen Dur-Nebenschlagton. Die Glockenzier entwarfen die Gebr. Winkelmann, Möhnesee-Günne, welche bereits die neue Turmzier beim Wiederaufbau des Turmhelmes gestalteten.
Der Turm von St. Laurentius, in der ersten Hälfte des 13. Jh. errichtet und seinerzeit als Grenzposten des Erzbistums Köln Richtung Paderborn genutzt, wurde im Jahre 1971 Opfer eines Turmbrandes. Bei Arbeiten am Turmdach entwickelte sich ein Großbrand, der die damalige Bedachung – ein Kreuzsatteldach mit barocker Laterne- vernichtete und auch ins Glockengeschoss übergriff. Das damalige Stahlgeläut des Bochumer Vereins a° h° d‘ e‘ fis‘ a‘ (d‘ = Bronze) von 1952 und 59 (a°) gilt seitdem als vernichtet, die a° ist als Denkmal neben der Kirche aufgestellt. Im Zuge des Wiederaufbaus 1971-74 wurde nicht nur der grandios schöne, spätromanisch nachempfundene Turmhelm mit 4 Ecktürmchen aufgesetzt, sondern auch ein neues Bronzegeläut der Gießerei Petit & Gebr. Edelbrock in Gescher angeschafft, erklingend in der Tonfolge h° d‘ e‘ fis‘ g‘ a‘. 2008 wurden das Geläut um zwei Kleppglocken a‘‘ h‘‘ für den Dachreiter ergänzt, diese wurden ebenfalls in Gescher gegossen. Das klanglich an sich schon gute Geläut profitiert von der riesigen Glockenstube und stellt für sich bereits ein klangliches Denkmal zur Erinnerung an den Turmbrand dar.
Aus der Gemeinde heraus entwickelte sich jedoch der Wunsch, das Geläut um eine tontiefere Glocke zu ergänzen, somit dem bedeutenden Turm die ihm angemessene Stimme zu verleihen und auch nochmals an Turmbrand und Wiederaufbau zu erinnern. Der Name „Familienglocke“ resultiert also aus der Initiative der Erwitter Familien, die das Projekt in Gang gebracht haben. Zur Realisation dieses ehrgeizigen Projektes sind Initiatoren und Gemeinde herzlich zu beglückwünschen!
Um den Altbestand unangetastet zu erhalten, wurde die neue Familienglocke in einem zusätzlichen Stahlglockenstuhl oberhalb des bisherigen Geläutes und damit auch oberhalb der Schallfenster an einem überschweren Holzjoch aufgehängt. Infolgedessen entwickelt sich hier der Klang anders als gewohnt, die Tongebung ist weniger direkt und metallisch als beim Altbestand, die neue Glocke fungiert tatsächlich als ein Bourdon, im Rhythmus wesentlich getragener läutend, massemäßig fast so viel Gewicht auf die Waage bringend wie die anderen 8 Glocken zusammen. Ein ungewohntes, aber höchst eindrucksvolles Klangbild. Der Altbestand hängt im Stahlstuhl an Stahljochen und läutet mit den originalen Klöppeln.
Die Aufnahme mit Mobiltelefon erfolgte anlässlich des ersten, offiziellen Läutens der Glocke im Rahmen eines ausführlichen Glockenkonzertes am Vorabend des Hochfestes Allerheiligen, dem 31.10.2018, von 17.00 bis 18.30 Uhr. Zu hören ist hier das erste Vollgeläut, geschaltet vom Erwitter Pfarrer. Die Kleppglocken gehen in der Aufnahme schnell unter, hier soll aber auch vor allem das neue Hauptgeläut präsentiert werden. Für den weiteren Verlauf des Konzertes hatte der Autor die Ehre, die Glocken schalten zu dürfen.
Dem Pfarrer, dem Küster und dem Kirchenmusiker der Gemeinde danke ich sehr herzlich für den freundlichen Empfang und die Begleitung während des Konzertes.
Fotos eigener Provenienz.
![](https://i.ytimg.com/vi/ZvMzQuQiEz8/mqdefault.jpg)