Karel Gott: Für immer jung - Nachruf auf den tschechischen Sänger

Mit 70 sang er mit Bushido "Forever Young". Mental jung zu bleiben, das hat er geschafft. Er war mehr als ein Schlagersänger, in seiner Heimat nannten sie ihn "Meister". Am 1. Oktober starb Karel Gott im Alter von 80 Jahren in Prag.

Ein Mercedes 600, ein melancholischer Blick, Musik in Moll – und ein Karel Gott jenseits der Jugend, ein Schlagersänger, der mal nicht lächelt, der einen Schlaganfall hinter sich hat, aber auch – wie er selber sagt - "ein grandioses Leben". So sieht man ihn im Musikvideo zusammen mit Bushido "Forever young". Und so fing dieses Leben an: Als Elektrotechniker aus Pilsen, der mit 24 Jahren zum Superstar in der Tschechoslowakei wird. Er singt den Prager Frühling mit herbei. Keine Protestlieder. Rock 'n' Roll genügt. Charme auf Tschechisch heißt seitdem Karel Gott.

"Ich war ein Kino-Freak, ein Fanatiker für alte Filme, in denen man diese alten Charmeure sieht, wie sie perfekt mit den Frauen umgingen, dass die Frauen so richtig: "Ja" (seufzt) gesagt haben. Und ich wollte so sein, schon als junger Mann. Aber als Elektromechaniker, muss ich leider sagen, das wirkte nicht."

Ein Popstar aus dem "Ostblock", der im Westen Karriere macht. Er wird der einzige bleiben. Gleich zu Beginn singt er in Las Vegas. Das Time Magazine kürt ihn zum "Sinatra des Ostens". 1968 gibt es nicht einmal ordentliche Staatsbeziehungen zwischen BRD und ČSSR. Aber es gibt die ZDF-Hitparade, in der Moderator Dieter-Thomas Heck "unseren sympathischen Freund aus der Tschechoslowakei" mit dem Titel "Weißt du wohin" und der Startnummer 6 ankündigt. Er ist die "Goldene Stimme aus Prag". In Deutschland wird Karel Gott zum Schlagersänger. Im Tschechischen gibt es nicht einmal ein Wort dafür. "In der Tschechoslowakei bin ich mehr anspruchsvoll und das Publikum auch", sagt er selbst 1970.

Karel Gott wird zum größten Devisenbringer seit Erfindung des Pilsener Bieres. Clever behauptet er seine Weltkarriere gegen ideologische Vereinnahmungen. Unantastbar bleibt er nicht. Der Schriftsteller Milan Kundera bezeichnet ihn als "Musikidioten", weil er sich mit der Macht arrangiert habe. Der Vorwurf ein Aushängeschild des Regimes gewesen zu sein, hat ihn verletzt.

Die Tschechen nennen ihn "Mistr" – "Meister". Ein Ehrentitel, der vor ihm nur an den Reformator Jan Hus vergeben wurde. Doch in Deutschland bleibt er immer nur der Schlagersänger von "Babicka" und "Biene Maja". Sein vielseitiges Repertoire verkleinert auf ein Geschäftsmodell. Aber er bedient es auch gern. Er lebt es sogar: "Ich möchte wirken wie ein romantische Sänger, der verliebt ist. Das war auch der Grund, immer neue Romanzen zu erleben", erzählt er 2017.

Mit 70 singt er mit dem Rapper Bushido "Forever Young". Dazu meint er: "Kalendermäßig bleiben wir nicht jung. Aber mental – das ist meine Meinung – kann man jung bleiben und in der Seele."

Sein letztes Lied singt Karel Gott im Duett mit seiner 13-jährigen Tochter Charlotte: "Herzen erlöschen nicht", veröffentlicht im Mai, wird es seitdem fast 17 Millionen Mal auf YouTube angeschaut. Es wirkt wie ein vorweggenommener Abschied vom Leben und von seiner Tochter. "Wenn mein Stern schon lange nicht mehr existiert, wird mein Licht sie immer begleiten, und sie findet das traurig, ich nicht. Das gehört zum Leben", sagt Karel Gott dazu.

Das Leben muss auch heiter sein. Diese Heiterkeit des Seins hat er verkörpert. Karel Gott hat sich gegen sein Alter gewehrt. Und gegen seine Krankheit gekämpft. So lange es ging. Am 1. Oktober 2019 ist er im Alter von 80 Jahren in Prag gestorben. Seine Heiterkeit bleibt. -- Autor: Lutz Pehnert

ttt - Titel, Thesen, Temperamente, Das Erste, 6. Oktober 2019 (Moderation: Dieter "Max" Moor)

im Anschluss:

Sachsenspiegel: Neues von unseren Nachbarn in Tschechien, MDR, 6. Oktober 2019

Tagesthemen: Schlagerstar Karel Gott gestorben, Das Erste, 2. Oktober 2019 (Moderation: Ingo Zamperoni)

#RIP #KarelGott

свернуть