Kino gegen Austerität: Jakob, der Lügner (DDR 1974)
Mi., 15.5.24, 20 Uhr (ct), Hörsaal D, Philosophenturm
Einführung und Diskussion mit dem Filmhistoriker und Publizisten Dr. Detlef Kannapin
"Die an reale Geschehnisse angelehnte, fiktive Erzählung spielt in einem jüdischen Ghetto im faschistisch besetzten Polen des Jahres 1944. Der zu schweren Verladearbeiten am Güterbahnhof eingesetzte ehemalige Restaurantbetreiber Jakob erfährt durch glücklichen Zufall aus dem Radio der deutschen Revierswache, dass die Rote Armee bereits bis wenige Kilometer vor die nicht allzu weit entfernt liegende Stadt Bezanika herangerückt sei. Als am nächsten Tag der vor Hunger verzweifelte Mischa sich auf einen Kartoffeltransport der Nazis stürzen will, erzählt Jakob ihm die Nachricht, um ihn von der selbstmörderischen Tat abzuhalten. Da er Mischa die wahre Begebenheit im Revier nicht glaubhaft machen kann, erfindet Jakob, selbst über ein geheimes Radio zu verfügen. Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer unter den Ghetto-Bewohner:innen, die angesichts der allgegenwärtigen, endlos erscheinenden Qual der tagtäglichen Entmenschlichung nach jedem noch so kleinen Hoffnungsschimmer gieren. Die bohrenden Nachfragen und der Mangel an echten Informationen lassen ihn immer neue Nachrichten und Geschichten erfinden, auch weil Jakob sieht, wie die Aussicht der nahenden Befreiung die Lebensgeister der schon aufgegeben Habenden in völlig ungeahnter Weise neu weckt. Seit er seine Geschichten erzählt, ist die Selbstmordrate im Ghetto auf Null gesunken. Dass er es daher nicht übers Herz bringt, ihnen die Wahrheit über das Radio zu sagen, facht jedoch nicht nur Jakobs Erfindungsgeist und Wagemut an, sondern lässt auch unweigerlich seine Verzweiflung ins Unermessliche wachsen, da er sich mit jeder Deportation zunehmend dem Umstand stellen muss, dass seine Erfindungen eine reell begründete Zuversicht nicht ersetzen können.
Wie kann also diese Zuversicht in solcher Lage gebildet werden?"
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