Ein unbefristeter Streik bei der Deutschen Post mit erheblichen Verspätungen von Millionen Briefen und Paketen ist vorerst abgewendet. Zwar sprachen sich in einer Urabstimmung bei dem Bonner Logistikkonzern 85,9 Prozent der Befragten gegen das Tarifangebot der Post und für einen längeren Streik aus. Zugleich beschloss die Gewerkschaft Verdi aber, der Forderung des Unternehmens nachzukommen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren, wie sie am Donnerstag weiter mitteilte. Daher wird es zunächst keinen Arbeitskampf geben. Verdi fordert 15 Prozent höhere Entgelte, was die Post als wirtschaftlich nicht tragfähig ablehnt.
Schon an diesem Freitag sollen die Tarifgespräche, die Verdi im Februar für gescheitert erklärt hatte, weitergehen. Das Ergebnis der Urabstimmung versteht Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis als Stärkung ihrer Position. «Die Arbeitgeber sind gut beraten, dieses Votum sehr ernst zu nehmen», sagte sie. «Die Deutsche Post AG steht jetzt in der Verantwortung, durch eine deutliche materielle Verbesserung des abgelehnten Angebots einen unbefristeten Streik abzuwenden.» Das Ergebnis der Befragung zeige «die Entschlossenheit unserer Mitglieder, für ein gutes Tarifergebnis zu kämpfen».
Post-Personalvorstand Thomas Ogilvie sagte als Reaktion auf die Verdi-Entscheidung, man wolle «kurzfristig doch noch zu einem zustimmungsfähigen und wirtschaftlich tragfähigen Ergebnis kommen». Laut Finanzvorständin Melanie Kreis ist bei den Tarifverhandlungen aber nicht mehr viel Spielraum. «Dass da nicht mehr viel geht, ist [...] offensichtlich», sagte sie der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX. «Wir können nichts machen, wo man uns dann zurecht in drei Jahren vorwirft, "mein Gott, wie konntet ihr nur?!"»
Die Post bietet eine Tariferhöhung in zwei Stufen ab 2024 an, die Firmenangaben zufolge die Bezahlung um durchschnittlich 11,5 Prozent verbessern würde. Separat hierzu sollen die Beschäftigten schon ab diesem Jahr schrittweise 3000 Euro netto bekommen, die als Inflationsausgleichsprämie fließen.
Verdi ist der Auffassung, dass die Gewerkschaftsforderung nach einem Entgeltplus von 15 Prozent erfüllbar wäre und dass die Beschäftigten angesichts der hohen Arbeitsbelastung und wegen der Inflation deutlich besser bezahlt werden müssten als bisher.
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