Unser duales Gesundheitssystem schwächt den sozialen Zusammenhalt. Zu diesem Schluss kommt die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie. Demnach würden alle Versicherten auch finanziell von einheitlichen Krankenversicherung profitieren.
Laut der Studie würde die gesetzliche Krankenversicherung jährlich ein Plus von von rund neun Milliarden Euro erzielen, wenn alle Bundesbürger gesetzlich versichert wären. In der Untersuchung wurde simuliert, wie sich Einnahmen und Ausgaben der GKV entwickeln würden, wenn alle bisher privat Versicherten in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen wären.
Der Beitragssatz könnte so um 0,2 bis 0,6 Prozentpunkte sinken, erklärte die Stiftung. Jedes GKV-Mitglied und sein Arbeitgeber könnten demnach zusammen pro Jahr im Schnitt 145 Euro an Beiträgen sparen. Würden die durch den Wegfall der privaten Krankenversicherung (PKV) anfallenden Honorarverluste der Ärzte ausgeglichen, wären es noch 48 Euro Ersparnis im Jahr.
Für diese Verbesserungen gibt es laut der Studie zwei Gründe: Privatversicherte sorgen für ein höheres Beitragsaufkommen, weil sie im Schnitt 56 Prozent mehr verdienen. Zudem sind Privatversicherte im Schnitt gesünder. Unter gesetzlich Versicherten fänden sich auch häufiger Menschen mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder Pflegebedürftigkeit.
Die Studie stieß bei Ärzten, Arbeitgebern, privaten Krankenversicherern und beim Beamtenbund auf Kritik. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sprach von einem "Griff in die ideologische Mottenkiste". Es handle sich um "mehr als zweifelhafte Zahlenspielereien, mit denen erneut Forderungen nach der Einführung einer Einheitsversicherung auf die politische Agenda gedrückt werden sollen". In den Niederlanden oder in Großbritannien lasse sich beobachten, "dass Einheitssysteme zu Rationierung, Wartezeiten und Begrenzungen in den Leistungskatalogen führen".
Der Direktor des Verbands der Privaten Krankenversicherung, Florian Reuther, bezeichnete die Studie als "Rechenexempel im luftleeren Raum". Die angebliche Ersparnis von 145 Euro ginge "voll zu Lasten der ärztlichen Versorgung". Was die Versicherten sparten, werde den Arztpraxen genommen.
Der Vorsitzende des Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, verteidigte das bestehende System als "Garant für eine sehr hohe Qualität der medizinischen Versorgung aller Menschen". Der Mehrumsatz, den Ärzte mit Privatversicherten erzielten, komme allen zugute. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, forderte ebenfalls einen Erhalt des dualen Systems.
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